Stress: Ursachen und Symptome der eigenen Stressreaktion erkennen

Jeder kennt ihn, und viele von uns wollen weniger davon haben. Es ist zugleich Modewort und Geißel unserer Zeit. Aber was genau passiert da eigentlich mit uns, wenn wir “im Stress sind”?

Was ist Stress überhaupt?

Definition von Stress

Wir alle haben ein intiuitives Verständnis für „Stress“. Wir wir sagen „Ich bin im Stress…“ dann meinen wir meistens einen unangenehmen Spannungszustand, von dem wir hoffen, dass er bald wieder verschwindet.

Denn so sind wir es gewohnt: Mal fühlen wir uns gestresst, und dann sind wir wieder entspannt und ruhig.

Also wenn man rein darauf abstellt, wie wir uns fühlen, dass könnte man hier schon aufhören zu reden. Und es dabei belassen, dass Stress nur ein unangenehmes Spannungsgefühl ist, das man einfach mal aushalten muss, bis es wieder besser wird.

Aber leider ist das was wir als Stress bezeichnen leider viel mehr. Es ist die evolutionär uralte Kampf- oder Fluchtreaktion.

Also eigentlich ist Stress die Alarmbereitschaft des Körpers. Um in potentiell lebensbedrohlichen Situationen alle Ressourcen zu mobilisieren.

Es werden alle Systeme hochgefahren, auf maximale Kapazität. Es geht ja schließlich um was…

Und mit diesem Bild von einem Körper, der sich selbst zu Höchstleistungen bereit macht, wird auch deutlich, dass wir uns dabei vom Optimalzustand weit entfernen.

So einen Alarmzustand hält das beste System der Welt nicht lange durch.

Wenn wir chronischen Stress haben, dann sind wir dauerhaft aus unserem Optimalzustand heraussen. Das Gleichgewicht zwischen An- und Entspannung ist dann gestört, und kann irgendwann mit den vorhandenen Ressourcen nicht mehr wiederhergestellt werden.

Wenn das Gleichgewicht gestört ist, dann ist das der Punkt, an dem Stress zu einer Gefahr für unsere körperliche und auch seelische Gesundheit wird.

Der Kampf um Gleichgewicht

Unser Gehirn als Steuerungszentrale ist immer darum bemüht, dass wir in den verschiedenen Bereichen (zB Temperatur, Puls, Blutdruck, Blutzucker, uvm…) im Optimum bleiben.

Alles in Balance…

Bereits 1929 hat Walter Bradford Cannon, ein US-amerikanischer Physiologe und Psychologe dafür den Begriff der „Homöostase“ geprägt.

Gemeint ist, dass unser Körper ständig enorme Leistungen erbringt, um auf die unterschiedlichen Einflüsse unserer Umgebung zu reagieren.

Und unser toller Körper kommt auch mit großen Strapazen klar. Diese dürfen auch mal länger dauern, und auch mal größer sein, als uns lieb ist („Krise“). Erst wenn die Belastungen dauerhaft zu viel sind, kann sich unser System nicht mehr selbst regulieren, und Krankheit ist die Folge. 

Stress als natürliche Reaktion auf Bedrohungen

Wir reden oft davon, dass in unserer heutigen Zeit der Stress allgegenwärtig ist, und wir immer mehr darunter leiden. Und natürlich haben Globalisierung und Digitalisierung unsere Umwelt für immer verändert.

Es ist echt nicht leicht, im Gleichgewicht zu bleiben. 🙄

Und trotzdem ist das, was wir heute als Stress bezeichnen eine körperliche Reaktion, die auch schon unsere Steinzeit-Vorfahren kannten.

Unsere Urahn*innen waren ja tagtäglich mit lebensbedrohlichen Situationen konfrontiert. Nur mit einem wirklich ausgezeichneten Alarmsystem konnten sie ihr eigenes Überleben – und jenes ihrer Nachfahren sichern.

Binnen Millisekunden mussten sie damals entscheiden, ob sie einen Kampf gewinnen könnten, oder ob sie besser die Flucht nach hinten antreten.

Diese Systeme waren nicht nur ein bisschen erfolgreich. Sondern sie waren so erfolgreich, dass unsere Körper auch heute noch genau nach den selben Prinzipien funktionieren.

Wir bezeichnen es nur heute meistens nicht mehr als „Flucht- oder Kampfreaktion“. Wir sagen: „Ich bin im Stress“.

Auf körperlicher Ebene passiert aber immer das selbe, egal wie wir es nennen.

Aber was passiert denn da jetzt eigentlich genau?

Was ist die Kampf-oder-Flucht-Reaktion?

Die Kampf-oder-Flucht-Reaktion („fight or flight response“)  ist ein anderer Name für die körperliche Stressreaktion von Tieren und Menschen auf potentielle Bedrohungen.

Es handelt sich um einen uralten Mechanismus zur Bewältigung von Gefahren, der unser Handeln so steuert, dass wir maximale Überlebenschancen haben.

Die körperlichen Anzeichen dafür, dass unser Körper sich auf Kampf oder Flucht (oder Erstarren) vorbereitet, bezeichnen wir heute als „Stress“. 

In einer Welt, in der man tagtäglich befürchten muss, gefressen zu werden, zahlt es sich aus, ein gutes Alarmsystem zu entwickeln.

Und darum entspricht die Reaktion unseres Körpers auf Stress in unserer modernen Welt heute immer noch genau der Reaktion unserer Vorfahren, wenn sie einen Säbelzahntiger gesichtet haben.

Das klingt ein bisschen komisch, weil das ist ja nun schon viele tausende Jahre her.

Aber ganz nach Charles Darwin hat sich hier ein enorm wichtiges System zur Sicherung unseres Überlebens durchgesetzt und weitervererbt. Das ist auch heute noch unser Erbe, mit dem wir uns, vor unseren Computern und in unseren Autos sitzend, herumschlagen müssen. 

Warum haben wir eine Kampf-oder-Flucht-Reaktion?

Bleiben wir beim Steinzeitmenschen, der um sein Leben fürchtet, wenn er ein Knacksen im Gebüsch hört. Das könnte ein Hinweis sein, dass da eine Gefahr lauert. Sobald er dieses Knackgeräusch hört, wird er ganz besonders gut aufpassen, ob er noch andere Indizien für eine Gefahr entdeckt.

Ein Überbleibsel davon ist das, was wir heute als „Negativitätsverzerrung“ bezeichnen. Nämlich, dass wir uns stärker auf negative Dinge in unserem Leben konzentrieren und diese stärker wahrnehmen und länger erinnern. Danke Evolution.

Wieder so ein super Mechanismus, der uns früher das Leben gerettet hat. Und es heute ein bisschen mühsamer macht, weil wir eh nicht mehr ständig um unser Überleben kämpfen müssen.

Aber zurück zur Stressreaktion. Unser Steinzeitmensch ist sich jetzt sicher: da ist etwas im Gebüsch. Alle Hinweise deuten auf einen hungrigen Säbelzahntiger hin. Was machen? Eine lange Pro und Kontra Liste schreiben, ob es sich auszahlt, zu kämpfen – oder ob doch weglaufen besser wäre,….da wäre unser Steini schon längst gefressen.

Vielmehr hat der schlaue Körper von Steini bereits beim ersten Knacken begonnen, den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen. Im Hintergrund läuft das Stressprogramm ab: Einschätzung der Bedrohung und gleichzeitig eine Einschätzung der Ressourcen, die zur Verfügung stehen.

Und dann wir Bilanz gezogen:

  • Bin ich stark genug, um mich zu verteidigen? Dann Kampf
  • Bin ich schnell genug, um wegzulaufen? Dann Flucht
  • Wenn ich keine Chance habe, dann will ich zumindest nicht bei Bewusstsein sein, wenn ich gefressen werde: Erstarren

Die körperlichen Veränderungen, die mit dieser Vorbereitung verbunden sind – und natürlich dann auch während Kampf, Flucht oder Erstarren, bezeichnen wir heute als Stresssymptome.

Stress und Stressreaktion

Was sind typische Symptome bei Stress?

Die typischen Symptome von Stress äußern sich körperlich und psychisch, aber auch auf Ebene des Verhaltens.

Akute Stresssymptome spüren wir als beschleunigte Atmung und Herzschlag, vermehrtes Schwitzen, Hemmung der Verdauungstätigkeit, Verringerung des sexuellen Verlangens, sowie kurzfristig erhöhter Schmerztoleranz und gestärkte Immunabwehr.

Hastiges Verhalten, innere Unruhe und kreisende Gedanken sind weitere Symptome bei Stress.   

Falls du mit Grübeln und kreisenden Gedanken zu kämpfen haben, findest du im Blogartikel zu Gedankenkreisen 3 einfache Methoden, die du ausprobieren kannst, um deine Gedanken zu beruhigen.

Die Stressreaktion, die wir eben in Form von Stresssymptomen merken, ist ein komplexes Zusammenspiel zwischen unserem Nervensystem und dem Hormonsystem (und auch Neurotransmittern).

Man kann sich das so vorstellen, dass in einer potentiell bedrohlichen Situation unser Gehirn Botenstoffe in den gesamten Körper schickt, um ihn auf Kampf oder Flucht vorzubereiten.

Die Befehle lauten in etwa:

  • „Gehirn muss besser durchblutet werden“,
  • „Atem beschleunigen, damit mehr Sauerstoff zur Verfügung steht“,
  • „Schwitzen, damit wir glitschig und unappetitlich werden“,
  • „Muskelspannung erhöhen, vor allem im fürs Überleben besonders wichtigen Genick“,
  • „Verdauung und Sexualtrieb einstellen, weil für solchen Luxus haben wir jetzt wirklich keine Zeit“,
  • „kurzfristig die Schmerzgrenze und das Immunsystem hochfahren – das hat jetzt Priorität, wir werden das brauchen“.

Diese Botschaften werden vom Gehirn aus in den ganzen Körper verteilt, damit auch wirklich alle Körperteile Bescheid wissen. Es soll sichergestellt werden, dass wir uns im Ernstfall wehren können, und nach Möglichkeit nicht gefressen werden.

Im Blogartikel „Keine Lust auf Sex – Wie Stress die Libido beeinträchtigt“ erfährst du mehr dazu, wie sich Stress auch auf deine Sexualität auswirken kann.
12 märz 2019

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