Ich fühle mich gestresst und weiß nicht warum – was kann ich tun?

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Gestresst

Jeder kennt das Gefühl von Stress. In vielen Fällen kennen wir auch den Grund dafür: zu viel Arbeit, danach ein Treffen mit Freunden, zu wenig Schlaf, die Schwiegermutter kommt zu Besuch, die Kinder müssen pünktlich von A nach B gebracht werden usw. Es gibt aber auch Phasen in unserem Leben, in denen fühlen wir uns scheinbar grundlos gestresst. Was steckt dahinter und wie können wir das ändern?

Was ist Stress?

Stress ist ein erhöhtes Anspannungsniveau. Da Körper und Psyche nicht unabhängig voneinander sind, wirkt sich körperliche Anspannung auf unser psychisches Erleben aus und umgekehrt. Psychische Anspannung können wir daran bemerken, dass unsere Gedanken rasen, wir uns unwohl fühlen und gereizter reagieren. Es gibt jedoch sowohl positiven Stress (Eustress), z.B. wenn wir aufgeregt wegen eines tollen Ereignisses sind und negativen Stress, der uns im hektischen Alltag überfällt.

Wozu der Stress?

Stress, d.h. eine erhöhte Anspannung, führt dazu, dass wir viel Energie zur Verfügung haben. Unser Körper registriert, wie viel wir leisten müssen und fährt sämtliche Systeme hoch. Stress ist in dem Sinne also dafür da, um uns optimal an unsere Umstände anpassen zu können. Der Haken an der Sache ist, dass bei Dauerstress unsere Ressourcen irgendwann erschöpft sind. Wenn wir uns nicht erholen, können wir körperlich oder psychisch erkranken.

„Es kann auch sein, dass die Gründe für Stress diffuser und uns eventuell gar nicht bewusst sind.“

Es gibt Phasen im Leben, da gibt es nicht den einen klassischen Grund, z.B. ein zu hohes Arbeitspensum, für Stress. Es kann auch sein, dass die Gründe für Stress diffuser und uns eventuell gar nicht bewusst sind. Das ist gerade aufgrund der aktuellen Lage häufig der Fall und absolut verständlich.

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Diffuser Stress und Corona 

Während der Corona-Krise erleben viele Menschen ein permanent erhöhtes Anspannungsniveau, auch wenn gerade alles in (neuer) Ordnung zu sein scheint. Das liegt daran, dass wir nicht wissen, was morgen kommt. Werden die Infektionszahlen wieder steigen? Werde ich oder einer meiner Lieben noch erkranken? Diese mögliche Zukunft ist aber noch nicht eingetreten und die ausgemalten Ereignisse werden es vielleicht auch niemals tun. Aktuell erleben wir unsere Anspannung daher als grundlos und fragen uns: Was ist los mit mir? 

Gedanken führen zu Stress

„Wenn wir uns „grundlos“ gestresst fühlen, sind es im Allgemeinen unsere Gedanken, die Stress verursachen und kein konkretes Ereignis.“

Wenn wir uns „grundlos“ gestresst fühlen, sind es im Allgemeinen unsere Gedanken, die Stress verursachen und kein konkretes Ereignis. Das können einerseits Gedanken an die Vergangenheit sein, in den meisten Fällen sind es aber Zukunftssorgen, da Stress uns ja für schwierige Phasen wappnen soll. Deswegen haben wir auch häufig Schlafprobleme, wenn wir gestresst sind. Gerade in Ruhephasen beginnen wir nämlich zu grübeln. Diese nächtlichen Sorgen lösen in unserem Körper eine Stressreaktion aus, wir stehen „unter Strom“ und der Schlaf bleibt in logischer Folge aus. Und das Gedankenkarussell dreht sich weiter. 

Die Zukunft gibt es nur in unseren Gedanken

„Die Zukunft existiert nur in unseren Gedanken und löst trotzdem eine Stressreaktion aus.“

Stelle dir einmal vor, du beißt in eine saftige Zitrone. Wenn du dich auf diesen Gedanken wirklich einlässt, ihn dir ausmalst, wird sich dein Mund zusammenziehen und du wirst mehr Speichelfluss bemerken. Aber da ist gar keine Zitrone. Genauso ist es mit der Zukunft. Die Zukunft existiert nur in unseren Gedanken und löst trotzdem eine Stressreaktion aus. In diesem Zusammenhang verbirgt sich eine womöglich sinnvolle Lösung des Problems.

Wie kontrolliere ich meine Gedanken?

Wenn Gedanken Stress auslösen, scheint der Schlüssel zu einem stressfreien Leben darin zu liegen, unsere Gedanken zu kontrollieren. Positive Gedanken führen zu positiven Gefühlen und in der Summe zu einem sehr angenehmen Leben. Vermutlich hast du es jedoch selbst schon erlebt: Du kannst deine Gedanken nicht kontrollieren. Die psychologische Forschung hat sogar ergeben, dass wir uns noch schlechter fühlen können, wenn wir versuchen, willentlich positive Gedanken zu denken. Was hilft uns also wirklich?

Sich im Hier und Jetzt verankern

Übung

Viele Methoden, um sich im Hier und Jetzt zu verankern, konzentrieren sich auf den Atem. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, die Gedanken selbst zum Fixpunkt in der Gegenwart zu nehmen. Mache es dir dafür gemütlich und folge den folgenden Schritten:

1. Bemerke, dass du Gedanken hast.

Falls die Gedanken sehr belastend sind, kann das schwierig sein, da du sie ganz automatisch für wahr und notwendig hältst. Doch es gilt immer: Du hast Gedanken, du bist nicht deine Gedanken.

2. Beobachte deine Gedanken.

Genauso wie du einen vorbeifahrenden Zug beobachten kannst, kannst du auch einen Gedanken beobachten. Indem du das tust, löst du die Verbindung mit ihm, die dich üblicherweise in Stress versetzt. Wenn du etwas beobachten kannst, bist du es nämlich nicht.

3. Lasse Gedanken kommen und gehen.

Gedanken haben eine ungeheure Anziehungskraft. Mache dir jedoch bewusst, dass du keineswegs verpflichtet bist, ihnen zu folgen, sie weiterzuspinnen oder gar nach ihnen zu handeln. Gedanken sind einfach nur Gedanken. Du kannst sie nicht wegzaubern, aber du kannst sie da sein und dich nicht durch sie beeinflussen lassen.

4. Was befindet sich hinter den Gedanken?

Wenn du dich nicht länger mit deinen Gedanken identifizierst, wirst du feststellen, dass hinter deinen Gedanken ein Bewusstsein liegt, das immer und überall stressfrei ist. Übe die obigen Schritte regelmäßig, um leichter Zugang zu dieser „inneren Ruhe“ zu gewinnen, die zu jeder Zeit in der Gegenwart für dich verfügbar ist.

Wie du deine Gedanken im Alltag beruhigst

Falls du im Alltag mal keine Zeit für die Konzentration auf einzelne Schritte hast, versuche einmal Folgendes: Setze vor einen belastenden Gedanken einfach den Zusatz „„Ich habe gerade den Gedanken, dass…“. Dadurch distanzierst du dich von deinem Gedanken, indem du ihn als einen bloßen Gedanken – und nicht die unmittelbare Realität – identifizierst. Außerdem verankerst du dich in der Gegenwart. Du fantasierst dich nicht automatisch in die Zukunft, sondern stellst fest, dass du jetzt gerade einfach nachdenkst. Dadurch gerätst du gedanklich und körperlich weniger – mitunter gar nicht – in Stress. 
20 März 2019

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