Corona-Krise: Wie wir die Zwangspause zur Auszeit machen können

7 Min. Lesezeit

Eines vorneweg: Diejenigen, die direkt vom Corona-Virus betroffen sind oder die Angehörige haben, die erkrankt sind, haben anderes im Kopf, als an eine Auszeit zu denken. Der größte Teil der Bevölkerung ist allerdings gerade damit beschäftigt, das Alltagsleben neben allen Vorsichtsmaßnahmen neu zu sortieren. Fest steht: Wir können die Fakten leider nicht ändern, aber wir können aus der Krise etwas möglichst Konstruktives machen.

Inhalt:

  1. Gefahr und Chance
  2. Umstrukturierung beginnt im Kopf
  3. Zeit für eine neue Routine 
  4. Soziale Kontakte pflegen
  5. Bewusste Entschleunigung
  6. Akzeptanz
Krise als Chance

Gefahr und Chance

Das chinesische Schriftzeichen für Krise besteht aus zwei Silben, die einzeln gelesen „Gefahr“ und „Chance“ bedeuten. Eine Krise ist etwas, dem wir selbstverständlich mit Vorsicht begegnen sollten – noch kann niemand richtig einschätzen, wie die Corona-Pandemie verlaufen und wie unser Leben in einigen Monaten aussehen wird. 

Allerdings kann eine Krise auch als eine Chance begriffen werden, eine Gelegenheit, unser bisheriges Alltagsleben zu überdenken. 

Der erste Schritt, um die derzeitigen Einschränkungen als Möglichkeit für unsere persönliche Entwicklung zu begreifen, ist es, genau diese Wahlmöglichkeit zu erkennen: Du kannst deine Sorgen und Ängste verstärken, indem du z.B. häufig im Internet surfst und viele Nachrichten liest oder du kannst deinen Tag so gestalten, dass du Sinnstiftendes für dich und andere tust. 

Umstrukturierung beginnt im Kopf

Eines der wirksamsten Psychotherapieverfahren ist die Kognitive Verhaltenstherapie. Das Kernstück dieser Therapieform ist die sogenannte Kognitive Umstrukturierung

Wie funktioniert diese Methode und wie können wir sie in Zeiten von Corona für uns nutzen? Auch wenn es sich zunächst merkwürdig anhören mag: Was wir fühlen, ist die Qualität unserer Gedanken. Haben wir z.B. den Gedanken, uns mit dem Corona-Virus anstecken zu können, bekommen wir Angst oder zumindest ein mulmiges Gefühl. Denken wir dagegen, dass wir uns durch die Corona-Krise persönlich weiterentwickeln könnten, fühlen wir uns hoffnungsvoll und sind positiver gestimmt. Unsere Gedanken ziehen also bestimmte Gefühle nach sich

3 Schritte, um etwas Ruhe im Kopf zu erreichen

In einem ersten Schritt geht es nun darum zu erkennen, welche Qualität unsere Gedanken haben und uns von der eventuell vorherrschenden Negativspirale aus unangenehmen Gedanken und Gefühlen zu distanzieren. Das können wir z.B. tun, indem wir unseren Gedanken den einfachen Zusatz voranstellen: “Ich habe den Gedanken, dass …”

In einem zweiten Schritt hinterfragen wir unsere Gedanken: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mich mit dem Virus anzustecken? Was hätte das für Konsequenzen? 

Im dritten Schritt kannst du dir überlegen, welche nützlichen Gedanken du in deinem Kopf kultivieren möchtest. Es kann sehr wirksam sein, wenn du dir den gegenwärtigen Moment bewusst machst, wie: “Jetzt bin ich gesund”. Außerdem kann es auch gut tun, die Kontrolle ein Stück weit abzugeben und sich beispielsweise zu sagen: “Ich werde alles tun, um gesund zu bleiben, der Rest liegt aber nicht in meiner Hand.” Ebenso kannst du dich auf wissenschaftliche Fakten stützen, um dich zu beruhigen: “Laut dem Virologen Alexander Kekulé hätte ich bei einer Infektion mit dem Corona-Virus eine durchschnittliche Überlebenschance von 99%.”

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Zeit für eine neue Routine 

Sobald wir mittels Kognitiver Umstrukturierung ein wenig Ruhe in unseren Kopf gebracht haben, können wir uns damit beschäftigen, wie wir unsere derzeit veränderten Lebensumstände nutzen können, anstatt uns ihnen ausgeliefert zu fühlen. 

Wir können nicht unbeschwert und ohne die aktuellen Auflagen zu beachten zur Arbeit, ins Fitnessstudio oder uns abends mit Freunden im Restaurant oder in einer Bar treffen. Im ersten Moment werfen diese Einschränkungen natürlich die Frage auf: Was mache ich denn dann jetzt? Wir fühlen uns verunsichert, geradezu als hätte man uns den Boden unter den Füßen weggerissen. 

Das wirksamste Mittel dagegen ist, ein neues Fundament zu schaffen. Frage dich einmal: Gibt es Tätigkeiten, die du in deinen Alltag integrieren möchtest, für die du bisher zu beschäftigt warst?

Natürlich muss es sich während der Corona-Krise um etwas handeln, das du entweder zu Hause oder unter Beachtung eines Abstands zu anderen tun kannst: Spaziergänge, Meditation, Yoga, eine Fremdsprache lernen, den Balkon bepflanzen oder schön gestalten, dich gesund ernähren, ein Fotoalbum anlegen, Bücher lesen, ein Buch, eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht schreiben, neue Rezepte ausprobieren, Tagebuch führen, Atemübungen machen, unseren kostenfreien Online-Kurs zur Stressbewältigung absolvieren – lege eine Liste möglicher Aktivitäten an. 

Plane dann deinen Corona-Alltag: Was möchtest du nach dem Aufstehen tun? Wie gestaltest du die Mittagszeit und was könnte ein neues Abendritual sein? Routine und Rituale geben uns Sicherheit in Zeiten der Unsicherheit – und durch Aktivitäten, die dir wichtig sind, stellt sich außerdem das erfüllende Gefühl ein, dich selbst ein Stück weit mehr zu verwirklichen.

Soziale Kontakte pflegen

Körperliche Nähe vermeiden – diese Maßnahme ist eine der effektivsten, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Gerade Alleinstehende fühlen sich unter diesen Umständen einsam. Aber auch Menschen in einer WG oder familiär eingebundene Personen erleben eine Art gemeinsame Isolation. Der ständige Kontakt mit denselben Personen kann aber auch Reibungsfläche sein und zu Streitigkeiten führen. 

Eine wichtige Empfehlung gegen Einsamkeit und Isolation lautet daher: Versuche über Telefon und das Internet deine sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten. Vielleicht möchtest du auch etwas Ungewohntes ausprobieren und z.B. Postkarten oder Briefe an Freunde oder Familie versenden, um ihnen eine Freude zu machen. 

Du kannst die Zeit der Corona-Krise auch dafür nutzen, um Freunde und Bekannte zu kontaktieren, von denen du länger nichts gehört hast. Diese besondere Situation ist ein guter Anlass, andere zu fragen, wie es ihnen geht und sich wieder mit ihnen zu verbinden – denn diese Verbundenheit gibt ein gutes Gefühl.

Bewusste Entschleunigung

Bei allen nützlichen Gedanken, positiven Aktivitäten und der Pflege deiner sozialen Kontakte kannst du die Zeit der Corona-Krise auch dafür nutzen, um deinen Alltag bewusst langsamer angehen zu lassen. Viele von uns müssen deutlich weniger von A nach B hetzen. Umformuliert könnte man auch sagen: Wir dürfen uns endlich etwas entspannen. Diese Tatsache hat trotz des katastrophalen Anlasses auch etwas Positives. Jetzt ist die Zeit, um die Erfahrung zu machen, was es eigentlich bedeutet, zu SEIN

Falls das zu ungewohnt klingt, betrachte es als kleines Experiment: Setze dich einmal an deinen Lieblingsort in deinem Zuhause, schließe deine Augen und spüre einfach deinen Atem. Wenn du möchtest, kannst du dabei noch eine Hand auf deinen Brustbereich legen. Komme bewusst bei dir an. Wenn du auf diese Art und Weise täglich für einige Minuten zur Ruhe kommst, kannst du dein Selbstgefühl während der Corona-Krise stärken, weil du dich selbst spürst.

Akzeptanz

Wie sehr wir die Sache auch drehen und wenden: Wir müssen die derzeitigen Umstände akzeptieren. Es gibt den Corona-Virus. Er breitet sich überall in der Welt aus. Unser Gesundheitssystem ist vor große Herausforderungen gestellt. Wir müssen unser Leben drastisch einschränken, um bei der Eindämmung des Virus mitzuhelfen. 

Akzeptanz beginnt erst einmal damit, dass wir unseren eigenen Widerstand wahrnehmen und ihn schlichtweg da sein lassen. Kämpfe nicht gegen deine Frustration oder deine Ängste an – tue sogar genau das Gegenteil! Du kannst z.B. am Abend eine Zeit schaffen – diese kann nur 5 Minuten betragen – in der du deinen Gedanken zuhörst. Versuche währenddessen ruhig und gleichmäßig zu atmen, um dich nicht vom einen oder anderen Gedanken mitreißen zu lassen. Dein Atem ist dein Anker, zu dem du immer zurückkehren kannst, wenn du abgeschweift bist. 

Indem du allen Gedanken und Gefühlen diesen Raum gibst, verfolgen sie dich während des Tages weniger und es stellt sich eher das Gefühl der Gelassenheit und Akzeptanz ein.

5 november 2019

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