Burn-on – wenn wir immer weiter brennen

6 Min. Lesezeit

Fachlich geprüft von Sarah Boppert (Ärztin)

Kennst du das? Die Aufgaben stapeln sich, der Terminkalender ist prall gefüllt und für die schönen Dinge im Leben bleibt kaum noch Zeit – wir fühlen uns gestresst, sind überfordert. Für manche werden diese Gefühle zum Dauerzustand: Die Rede ist von Burn-on. Was es damit auf sich hat und was du tun kannst, um einem Burn-on entgegenzuwirken, erfährst du hier.

Inhalt:

  1. Was ist ein Burn-on?
  2. Die Symptome eines Burn-on
  3. So wird das Feuer entfacht
  4. Die Unterschiede zwischen Burn-on und Burnout 
  5. Das Feuer löschen: Tipps gegen Burn-on
Titelbild: Gestresste Person symbolisiert Burn-on

Was ist ein Burn-on?

Während das Burnout-Syndrom den meisten Menschen ein Begriff ist, sorgt das Wort „Burn-on” bei vielen noch für Fragezeichen. Erst im Jahr 2021 prägten der Chefarzt einer psychosomatischen Klinik, Prof. Dr. Bert te Wildt und der dort leitende Psychologe Timo Schiele den Begriff des Burn-on-Syndroms. Doch nicht nur der Begriff ist neu, auch die Forschung zum Burn-on steckt noch in den Kinderschuhen. Wichtig ist: Damit stellt das Burn-on bisher kein eigenständiges Krankheitsbild dar und kann nicht als Diagnose vergeben werden.

Was steckt hinter dem Begriff? Ein Burn-on kann einer chronischen Erschöpfungsdepression ähneln. Leiden wir unter einem Burn-on, befinden wir uns in einem Strudel anhaltender Stressfaktoren, schaffen es aber trotz der permanenten Überlastung weiterhin unsere Aufgaben und Pflichten zu erfüllen. Wir brennen also nicht aus, aber immer weiter.

Das können wir uns so vorstellen, als hätten wir einen Rucksack, den wir immer weiter mit Steinen befüllen. Haben wir die maximale Last erreicht, entfernen wir den letzten Stein, sodass wir die Schwere unseres Gepäcks gerade noch tragen können. Ungefähr so verhält es sich mit einem Burn-on – wir erklimmen einen Berg an Anforderungen, obwohl wir eigentlich keine Kraft mehr haben.

Die Symptome eines Burn-on

Das Leben mit Burn-on ist nicht nur beschwerlich, es lässt auch Körper und Seele leiden. Das kann sich in Einschlafproblemen, Durchschlafstörungen und einem unruhigen Schlaf äußern. Aber nicht nur der Schlaf ist betroffen: Auch eine anhaltende innere Unruhe, Angstgedanken, Antriebslosigkeit und Panikattacken durch Stress können Burn-on-Symptome sein. Häufig begünstigt der chronische Stress außerdem psychosomatische Schmerzen wie Kopfschmerzen oder muskuläre Verspannungen. Darüber hinaus können Gefäßerkrankungen wie Bluthochdruck eine seltene Folge von Burn-on sein.

Neben den Auswirkungen auf Körper und Psyche lässt sich ein Burn-on daran erkennen, dass sich Betroffene trotz des Erlebens von Stress auf der Arbeit stark auf ihren Job fokussieren. Meist steht die Arbeit an erster Stelle. Freizeitunternehmungen werden vertagt, abgesagt oder schließlich gänzlich aus dem Leben gestrichen – ein selbstbestimmtes Leben weicht so oft einem automatischen Funktionieren. 

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So wird das Feuer entfacht

Nicht selten fällt es Menschen, die unter einem Burn-on leiden, schwer, die Ursache ihrer Stresssymptome zu finden. Gedanken wie „Ich fühle mich gestresst und weiß nicht, warum” oder Was ist los mit mir?” schleichen sich ein. 

Wie kommt es dazu? Am Beginn eines Burn-ons steht meist eine hohe Belastung der Betroffenen, z. B. durch die Arbeit im Homeoffice, die ständige mediale Erreichbarkeit und nicht zuletzt die Rolle von Leistung, Erfolg und Anerkennung in unserer Gesellschaft. So wird es immer schwieriger, eine gesunde Work-Life-Balance zu wahren und innere Ruhe zu finden.

Doch die Belastung ist manchmal gar nicht so leicht zu erkennen. Im Gegenteil: Erleben wir Stress, kann sich dies zunächst belebend und motivierend anfühlen, uns sogar leistungsfähiger machen. Weicht dieser akute, positive Stress dann jedoch dem chronischen, fühlen wir uns zunehmend ausgelaugt. Ein anhaltender Leistungsdruck und das Vernachlässigen der eigenen Bedürfnisse führen dann letztendlich dazu, dass wir krank durch Stress werden. 

Die Unterschiede zwischen Burn-on und Burnout 

Betrachten wir die Entstehung eines Burn-ons im Modell der Burnout-Phasen des Psychoanalytikers Herbert J. Freudenberger, können wir das Burn-on als eine Art Vorstufe des Burnouts einordnen. 

Bei einem Burn-on gelingt es uns weiterhin, unsere Aufgaben zu bewältigen. Vor allem Dinge, die wir zu einem bestimmten Termin erledigen müssen, werden mit letzter Kraft geschafft. Damit brechen wir zwar nicht zusammen, befinden uns aber immer am Limit. Das Paradoxe: Vielen Burn-on-Betroffenen bereitet der Job trotz der anhaltenden Überforderung weiterhin Freude. Abstriche, die im Privatleben gemacht wurden, werden meist erst spät bewusst. Das macht es umso schwieriger, die Belastung zu erkennen und aus dem Hamsterrad auszubrechen. 

Bei einem Burnout ist das anders: Es endet typischerweise mit der vollständigen Erschöpfung. Wir denken „Ich kann nicht mehr”, resignieren, erleben eine innere Leere und fühlen nichts mehr. Hier wird besonders der Job als Auslöser des Burnouts zur Belastung – meist entwickeln Betroffene, anders als beim Burn-on, einen Widerwillen, oft sogar eine starke Abneigung gegenüber ihrer beruflichen Tätigkeit. Und nicht nur die Motivation nimmt ab, auch die Leistungsfähigkeit verringert sich. So fällt es Menschen, die unter einem Burnout leiden, oft schwer, ihren Verpflichtungen nachzukommen und ihren Alltag weiterhin zu meistern.  

Das Feuer löschen: Tipps gegen Burn-on

Nachdem wir gesehen haben, wie sich ein Burn-on auf unser Leben auswirken kann, bleibt die Frage: Was können wir dagegen tun? Wir haben hier 4 Tipps für dich, mit denen du das Feuer löschen kannst.

1Zeit für Reflexion

Der Beginn jeder Veränderung ist die Erkenntnis. Doch diese ist, wie wir gesehen haben, manchmal gar nicht so leicht zu gewinnen. Um zu bemerken, wann die Belastung überhandnimmt und Dinge, die uns einst Freude machten, langsam aus unserem Alltag verschwinden, bedarf es einer intensiven Selbstreflexion. Die folgende Übung kann dir dabei helfen.

Übung

Selbstreflexion

Diese Übung soll dazu dienen, innezuhalten und dich mit deinen inneren Werten auseinanderzusetzen. Hierfür benötigst du einen Stift und Papier. Suche dir einen ruhigen Platz, an dem du dich wohlfühlst und die Übung ungestört durchführen kannst. 

Schritt 1: Schreibe zunächst alle Bereiche auf, die in deinem Leben eine Rolle spielen. Das können z. B. die Familie, die Partnerschaft, der Beruf, Freundschaften, Hobbys oder andere Dinge wie Spiritualität und Dankbarkeit sein. 

Schritt 2: Jetzt geht es darum zu bewerten, wie wichtig dir der jeweilige Lebensbereich ist. Hierfür kannst du eine Skala von 0 bis 10 verwenden. Dabei ist es noch nicht wichtig, wie aktiv du aktuell in diesem Bereich bist – es geht nur darum, wie bedeutend er für dich ist. 

Schritt 3: Im nächsten Schritt kannst du nun überlegen, wie aktiv du aktuell in dem entsprechenden Bereich bist. Auch hier kannst du eine Skala von 0 (keine Aktivität) bis 10 (sehr aktiv) nutzen.

Schritt 4: Super! Jetzt kannst du die jeweiligen Skalenwerte einmal für dich vergleichen. Wie wichtig ist dir jeder einzelne Bereich und wie aktiv bist du dort aktuell? Vielleicht fallen dir an einigen Stellen Abweichungen auf, oder vielleicht engagierst du dich bereits besonders in den Bereichen, die dir im Leben wichtig sind. 

Schritt 5: Wenn dir aufgefallen ist, dass sich die Werte, die du für die Wichtigkeit und Aktivität vergeben hast, stark unterscheiden, kannst du dir nun Ideen überlegen, um diese Kluft zu schließen. Denke daran: Auch kleine Veränderungen können Großes bewirken! 

2Entschleunigung lernen

Um einem Burn-on entgegenzuwirken, ist es wichtig, Entschleunigung zu lernen. Dazu gehört zum Beispiel das regelmäßige Pausen machen. Auch Selbstfürsorge kann dir helfen, wenn du überarbeitet bist. Wenn du magst, kannst du einmal eine Liste mit den Dingen machen, durch die du dich gut fühlst – deine ganz persönliche Liste der Stressprävention. Darauf könnten etwa Treffen mit deinen Liebsten, ein Spaziergang in der Natur oder ein warmer Kakao auf deinem Lieblingssessel stehen. Auch Sport ist ein guter Helfer beim Stress abbauen. Diese Liste kannst du immer dann zurate ziehen, wenn du dich gestresst fühlst, einer stressigen Zeit vorbeugen oder dir einfach etwas Zeit für dich nehmen möchtest.

3Resilienz stärken

Als Resilienz bezeichnen wir unsere psychische Widerstandsfähigkeit, also sozusagen das Immunsystem unserer Seele. Ist unsere Resilienz hoch, kann das auch unsere Stressresistenz erhöhen, sodass wir nicht in die Falle des Burn-on geraten. Wie kannst du also deine Resilienz stärken? Hier kann es helfen, einen Blick auf die Krisen zu werfen, die du bereits gemeistert hast. Welche Eigenschaften schätzt du an dir, was lässt dich stark fühlen, und: Wie kannst du diese Erkenntnisse heute nutzen? Gedankenspiele wie diese unterstützen uns dabei, unsere Ressourcen zu aktivieren. So können wir unseren Selbstwert stärken und gegenwärtigen Herausforderungen mit mehr Leichtigkeit begegnen. 

4Hilfe zur Stressbewältigung

Manchmal bringen auch die besten Tipps keine Abhilfe und wir haben das Gefühl, alleine einfach nicht mehr weiterzukommen. In diesem Fall ist es ratsam, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Wenn du von zu Hause aus Unterstützung erhalten möchtest, könnte unser psychologischer Online-Kurs HelloBetter Stress und Burnout das Richtige für dich sein. Diesen Therapiekurs gibt es für dich kostenfrei auf Rezept. Mit wissenschaftlich belegten Methoden helfen wir dir dabei, einen besseren Umgang mit Stress zu erlernen und dein Leben so nachhaltig zu verändern. Außerdem begleitet dich im Kurs eine qualifizierte Psychologin aus unserem Team. Du möchtest mehr erfahren? Dann schau gerne auf unserer Kursseite vorbei.
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22 oktober 2019

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